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Wissen & Meinung

„Bei Seltenen Erkrankungen darf man nie aufhören zu fragen“

Zum Rare Disease Day am 29. Januar 2024 war Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Vorstandsvorsitzende der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung, Gast der Podcast-Reihe „Der Profcast - Seltene Erkrankungen und ihre Therapien". Im Gespräch mit Prof. Dr. med. Matthias P. Schönermark betont sie die Bedeutung von Forschungsnetzwerken und Strukturbildung und stellt klar: „Bei Seltenen Erkrankungen muss man die Augen immer offen halten.“

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Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich im Podcast „Der Profcast – Seltene Erkrankungen und ihre Therapien“

In der Podcast-Reihe „Der Profcast – Seltene Erkrankungen und ihre Therapien“ unterhält sich Prof. Dr. med. Matthias P. Schönermark, Geschäftsführer der SKC Beratungsgesellschaft, mit Gästen aus Medizin, Gesundheitswesen und Industrie über Seltene Erkrankungen und die Herausforderungen in Forschung, Versorgung und Ökonomie. Das Wort „Profcast“ spielt auf Professionals, also Fachleute, an, die als Gesprächspartner eingeladen werden. Zum Rare Disease Day am 29. Januar 2024 war Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Vorstandsvorsitzende der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung, zu Gast.

Betroffene werden zu schnell in Schubladen gesteckt

Prof. Annette Grüters-Kieslich im Gespräch vertieft

Im Gespräch berichtet die forschungsorientierte Kinder- und Jugendärztin von ihrer Motivation und dem langjährigen Einsatz für eine bessere medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen – am Krankenbett ebenso wie in Laboren, Hörsälen, Hochschulverwaltungen oder einem ihrer vielen Ehrenämter. Annette Grüters-Kieslich gibt Einblicke in ihre Forschungsschwerpunkte zu seltenen angeborenen Entwicklungsstörungen, Pathophysiologien und Behandlungen seltener Adipositasformen im Kindesalter und stellt klar: „Bei Seltenen Erkrankungen muss man immer die Augen offen halten, man darf nie aufhören zu fragen.“ Die Ausrichtung unseres Gesundheitssystem sei darauf allerdings nicht ausgerichtet. Zu schnell würden Patientinnen und Patienten in Schubladen gesteckt, was insbesondere Seltenen Erkrankungen nicht gerecht werde.

Seltene Erkrankungen sind nur die Spitze des Eisbergs

Auch in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern müssten Seltene Erkrankungen in weit stärkerem Maße abgebildet werden, mahnt die ehemalige Dekanin an. Denn durch Fortschritte etwa in der genetischen Diagnostik würden sich häufige Erkrankungen zunehmend mehr in seltenere Formen aufteilen. Seltene Erkrankungen seien nur die Spitze des Eisbergs: „Wir brauchen junge Ärztinnen und Wissenschaftler, die das verstehen und sich diesem Thema widmen möchten“. Interdisziplinäre Fallkonferenzen und strukturierte Behandlungspfade können die belastende Odyssee für viele Patientinnen und Patienten beenden, ist Annette Grüters-Kieslich überzeugt. Die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen setze ihren Schwerpunkt neben der Forschungsförderung daher auch auf Netzwerk- und Strukturbildung.

Vision: eine Allianz für die Therapieentwicklung für Seltene Erkrankungen

Generell warnt Annette Grüters-Kieslich davor, alle Seltenen Erkrankungen „in einen Topf zu werfen“, das werde den verschiedenen Bedarfen nicht gerecht. Insbesondere Betroffene mit sehr seltenen monogenetischen Erkrankungen seien auf Forschung und Innovation dringend angewiesen. Für innovationsfeindliches Verhalten hat Annette Grüters-Kieslich kein Verständnis. Ihre Vision: Ähnlich wie bei der „Impfallianz“ während der Pandemie sollte sich ein Bündnis aus Zivilgesellschaft, öffentlicher Hand und Industrie zusammenfinden. Mit einen gemeinsamen aufgelegten Fonds könnte gezielt und nachhaltig in innovative Therapien investiert werden. Um Betroffene einzubeziehen, seien belastbare epidemiologische Daten essentiell, betont Annette Grüters-Kieslich. Mit dem „Nationalen Register für Menschen mit Seltenen Erkrankungen“ (NARSE) sei dafür auf Initiative der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung nun eine Grundlage geschaffen worden.

„Aufräumen“ im Gesundheitswesen für bessere Forschung und Versorgung auch für Seltene Erkrankungen

Für die Zukunft wünscht sich Annette Grüters-Kieslich eine Art „Aufräumen“ im Gesundheitswesen: „Wenn man all die Dinge lässt, von denen man heute schon zeigen kann, sie bringen überhaupt nichts, dann würde das so viel Geld freischaufeln, dass wir nicht nur dem demographischen Wandel ein bisschen gelassener entgegensehen könnten, sondern auch mehr Geld für die bessere Versorgung und Forschung zu Seltenen Erkrankungen hätten.“

Das vollständige Gespräch zwischen Prof. Dr. Schönermark und Prof. Dr. Grüters-Kieslich ist hier abrufbar:

zum Podcast

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