Wie ein Medikament eine seltene Form der Muskelschwäche besiegt
Es geschieht von einer Sekunde auf die andere. Beine oder Arme sind minutenlang gelähmt – vielleicht sogar mehrere Stunden. Die Attacken kommen und gehen. Doch über die Jahre entwickelt sich häufig ein Muskelschwund, der das Laufen unmöglich macht. Hypokaliämische periodische Paralyse (HypoPP) nennt sich die Krankheit, die nur einen Menschen von hunderttausend trifft.
Die Krankheit
Die hypokaliämische periodische Paralyse wird vererbt und befällt oft alle vier Gliedmaßen gleichzeitig. Manchmal reicht eine kohlenhydratreiche Mahlzeit aus, um die Lähmungsattacken auszulösen. Es kann aber auch bei Angst, Kälte, Sport oder Alkoholkonsum geschehen. Auch wenn die Lähmungen vorübergehen, verschlechtert sich der Zustand Betroffener mit dem Alter – so sehr, dass sie früher oder später auf den Rollstuhl angewiesen sind. Lange Zeit waren Patient:innen ihrem Schicksal hilflos ausgeliefert. Doch dann machte ein Forscher:innen-Team eine wegweisende Entdeckung.
Die Forschung
Privatdozentin Dr. Karin Jurkat-Rott vom Universitätsklinikum Ulm und Prof. Dr. Marc-André Weber von der Universitätsmedizin Rostock fanden heraus, dass die Muskellähmung durch eine niedrige Kaliumkonzentration im Blut ausgelöst wird. Zudem stellten sie durch MRT-Untersuchungen Natrium- und Wassereinlagerungen fest. Um das Gewebe zu entwässern und das Kalium im Blut zu erhöhen, verabreichten die Wissenschaftler:innen im Rahmen eines individuellen Heilversuchs zwei Patientinnen ein Medikament, das eigentlich zur Behandlung von Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Die Folge hätte kaum beeindruckender sein können: Bei beiden Patientinnen verbesserte sich die Muskelkraft so enorm, dass sie nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen waren. Für ihre Erkenntnisse erhielten Karin Jurkat-Rott und Marc-André Weber den Eva Luise Köhler Forschungspreis 2010. Mittlerweile gehört das Medikament zur Standardtherapie betroffener Patient:innen. Mit dem Preisgeld der Stiftung finanzierten die Forscher:innen ein hochspezialisiertes MRT, das noch präzisere Messungen im Muskel ermöglicht.
Dr. Karin Jurkat-Rott und Professor Dr. Marc-André Weber stellten bei Betroffenen Natrium- und Wassereinlagerungen im Gewebe fest. Mit hochmodernen MRT-Geräten, mitfinanziert vom Preisgeld der Eva Luise Köhler Stiftung, kann die Verteilung von Chlorid im Blut und in den Muskelzellen bestimmt und die Wirkung verschiedener entwässernden Medikamente bereits nach sehr kurzer Therapiedauer zu überprüft werden.
Die Zukunft
Und auch heute – über zehn Jahre später – geht die Forschung weiter. Prof. Dr. Marc-André Weber arbeitet gemeinsam mit der Universität Erlangen daran, die Bedeutung des Kaliums bei Muskelerkrankungen noch besser untersuchen zu können – wieder mittels hochspezialisiertem MRT. Marc-André Weber: „Wir erhoffen uns dadurch neue Erkenntnisse, um auch Menschen mit anderen seltenen Muskelerkrankungen möglichst gezielt helfen zu können.“
Das Forscher:innen-Team
Privatdozentin Dr. Karin Jurkat-Rott ist Neurophysiologin am Institut für Angewandte Physiologie an der Universität Ulm. Sie forscht zu seltenen Muskelerkrankungen und hat gemeinsam mit Prof. Dr. Marc-André Weber, Facharzt für Radiologie / Neuroradiologie und Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie an der Universitätsmedizin Rostock, den Eva Luise Köhler Forschungspreis 2010 für ihren neuartigen Behandlungsansatz bei Hypokaliämischer periodischer Paralyse (HypoPP) erhalten.
Prof. Dr. Marc-André Weber, Facharzt für Radiologie / Neuroradiologie und Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie an der Universitätsmedizin Rostock
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