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Filmporträts

„Da ist noch ganz viel Potenzial“

Zu ihm kommen oft Kinder ohne Diagnose, die schon eine lange Odyssee hinter sich haben. Nicht immer gelingt es Prof. Marquardt rechtzeitig herauszufinden, wie man ihnen helfen kann. Trotzdem weiterzusuchen, das sei man den Familien schuldig: „Wenn ein Kind stirbt, bleibt immer was zurück, sozusagen als Vermächtnis für das nächste Kind.“ Marquardt, der mit seinem Team schon mehr als 20 Krankheiten entdeckt und viele davon behandelbar gemacht hat, ist überzeugt, dass in der Forschung zu Seltenen Erkrankungen „noch ganz viel Potenzial“ steckt.

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„Es ist ein Märchen, dass man gegen Seltene Erkrankungen nichts tun kann.“

Professor Dr. Thorsten Marquardt ist überzeugt, dass es „ein Märchen“ sei zu denken, man könne gegen Seltene Krankheiten nichts tun. Und der Erfolg gibt ihm Recht: Mehr als 20 Krankheiten haben er und sein Team schon entdeckt, viele davon behandelbar gemacht: „Und ich glaube, da ist noch ganz viel Potenzial“, zeigt sich der Experte für angeborene Stoffwechselerkrankungen zuversichtlich.

Als Thorsten Marquardt vor 30 Jahren seine erste seltene Krankheit entschlüsselt, denkt er, so etwas gelingt nur einmal im Leben. Heute – fast zwei Dutzend von ihm entdeckte Krankheiten später – steht für den Mediziner der Universitätsklinik Münster fest, dass Forscherinnen für so ziemlich jedes bisher unbekannte medizinische Phänomen eine Diagnose stellen können. Die Voraussetzung: Enthusiasmus, Neugier, Hartnäckigkeit und genügend Zeit.

An Enthusiasmus, Neugier und Hartnäckigkeit besteht bei Marquardt und seinem Team kein Mangel. Das geht soweit, dass er und seine Kollegen auch schon mal selbst als Versuchskaninchen herhalten, wenn nicht klar ist, ob ein Stoff, mit dem sie eine seltene Stoffwechselstörung zu behandeln gedenken, auch wirklich sicher in der Anwendung ist und vom Körper im erforderlichen Maße aufgenommen wird.

Professor Dr. Thorsten Marquardt und sein Team

Die Zeit allerdings läuft dem Mediziner oft davon: Viele Kinder, die bei ihm mit unerklärlichen Symptomen vorstellig werden, haben nur wenige Monate oder Jahre, bevor ihre häufig genetisch bedingten Erkrankungen sie entweder dauerhaft schwerst schädigen oder sogar sterben lassen. Denn selbst wenn eine Diagnose gefunden ist, bedeutet das nicht, dass auch eine Therapie existiert. Nur etwa zwei Prozent der bisher bekannten seltenen Krankheiten sind behandelbar.

Diese Bilanz und die damit verbundenen dramatischen Einzelschicksale entmutigen Marquardt aber nicht. Im Gegenteil, sie spornen ihn an, immer neue Wege zu gehen. Er lernt durch jedes Kind, das er betreut – auch wenn nicht jeder Fall einen guten Ausgang nimmt. „Es bleibt immer etwas zurück. Sozusagen das Vermächtnis für das nächste Kind, das kommt“, sagt er.

Im Moment beschäftigt ihn zum Beispiel ein Kleinkind ohne Insulinrezeptor. Dieses Krankheitsbild ist ihm über die Jahre schon ein paar Mal begegnet, ohne dass er helfen konnte: Die Kinder starben alle. Aufbauend auf den Erfahrungen der anderen Fälle hat er dieses Mal aber Hoffnung. Durch spezielle Medikamente und eine strikte Diät ist das Kind soweit stabil, dass es wächst. Wenn er diesen Therapieansatz noch optimieren kann, schafft er es vielleicht, ein und künftig gar mehrere Menschenleben zu retten.

Seine Ausdauer zieht Marquardt aus diesem und anderen Erfolgen. Wann immer eine Behandlung funktioniert und Kindern, die zuvor extrem gelitten haben – die etwa nicht hören, sehen oder selbständig essen konnten – wenigstens ein Stückchen Lebensqualität zurückbringt, kompensiert das die Wochen, Monate, teils Jahre, die er und sein Team an einer Lösung getüftelt haben: „Eine Reihe der Krankheiten, die wir entdeckt haben, haben wir auch behandelbar machen können. Und das ist dann das größte Glück, das man erleben kann.“

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