Meine Rolle als Konsortialleiter habe ich zum Projektstart von Frau Prof. Grüters-Kieslich übernommen, nachdem der Projektantrag bewilligt worden war. Am Anfang war das durchaus ein Sprung ins kalte Wasser. Ein so komplexes Konsortium mit über hundert Beteiligten über verschiedene Standorte und Disziplinen hinweg zum Laufen zu bringen, das war schon eine wirkliche Herausforderung. Im Nachhinein war es dann vor allem auch eine große Bereicherung: Wie alle diese Menschen über das ganze Land verteilt hochmotiviert und fokussiert über vier Jahre lang zusammengearbeitet haben, war überaus beeindruckend. Man hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass jeder und jedem Einzelnen bewusst war, dass TRANSLATE-NAMSE ein ganz besonderes Projekt ist, denn im Bereich der Seltenen Erkrankungen und explizit in der Versorgungsforschung hat es Vergleichbares in Deutschland noch nicht gegeben. Dieser Spirit, dieses besondere Momentum des Themas war wirklich verbindend.
Zentral für mich ist, dass eine echte Community im Bereich der Seltenen Erkrankungen entstanden ist. Über verschiedene Ebenen, Standorte und Disziplinen hinweg wurde ein Kooperationsnetzwerk gebildet, das es vorher schlichtweg nicht gab und auf das wir jetzt aufbauen können - und müssen. Wichtig sind auch die soliden Daten, die wir unter den mehr als 5000 Betroffenen erhoben haben. Auf dieser Basis kann die Situation der Menschen mit Seltenen Erkrankungen in Deutschland nun erstmals fundiert eingeschätzt werden, was für eine gute Versorgung ganz entscheidend ist. Und nicht zuletzt ist ein wichtiges Ergebnis, dass das Thema Seltene Erkrankungen an sich durch TRANSLATE-NAMSE im Gesundheitssystem sichtbar geworden und ganz konkret auch als wichtiges nationales Thema wahrgenommen worden ist. Die positive Empfehlung durch den G-BA-Innovationsausschuss, wenn auch nicht bindend, ist dabei ein gutes Zeichen.
Aus Sicht der Patient:innen ganz konkret: Rund 1600 Menschen haben jetzt eine Diagnose, die sie vorher nicht hatten. Das finde ich phänomenal. Bei vielen Betroffenen und ihren Angehörigen wurde durch unsere Diagnosestellung eine oft jahrelange, sehr belastende Odyssee beendet. Die Herausforderung ist nun, die geschaffenen Strukturen, die innovativen Konzepte, z.B. für die Transition von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin, stabil zu verstetigen und natürlich auch solide zu finanzieren. Und dann muss das Wissen über diese Strukturen schließlich noch besser in der Versorgungslandschaft, also direkt bei den niedergelassenen Ärzt:innen, ankommen.
Ich forsche gerade mit meinem Team ganz konkret an zwei Seltenen Erkrankungen im Bereich der pädiatrischen Endokrinologie, die wir 2002 und 2004 zum ersten Mal beschrieben haben. Bei der einen handelt es sich um den MC T-8 Defekt. Dessen genauen Krankheitsmechanismus kennen wir auch nach 18 Jahren noch nicht, glauben aber, dass sich eine Therapie potenziell entwickeln lässt. Bei der anderen handelt es sich um den NKX2.1 Gendefekt. Hier beschäftigen wir uns in einem Forschungsverbund an der Charité mit der Genomsequenzierung als nächster Stufe in der Diagnostik. Nach der Versorgungsforschung bei TRANSLATE-NAMSE steht bei mir nun also erst einmal wieder die molekular-klinische Forschung im Mittelpunkt.
Background
People with a rare disease often have an odyssey of doctor visits and a period of great uncertainty before they and their loved ones receive the correct diagnosis. And even when a diagnosis has been made, good care is often not assured. To change this, the "National Action Alliance for People with Rare Diseases - NAMSEwas founded and a National Action Plan for People with Rare Diseases was developed. The implementation of selected central measures from this action plan was the content of TRANSLATE-NAMSE a three-year joint project of nine centers for rare diseases in Germany and four human genetics institutes in cooperation with two consortium health insurance companies and the Alliance for Chronic Rare Diseases (ACHSE) e.V .
In the meantime, TRANSLATE-NAMSE has been successfully completed. The evaluation has shown significant improvements for patients through the new forms of care applied. The Innovation Committee of the Federal Joint Committee (G-BA), the highest body of self-administration in the German health care system, has approved the transfer of the project contents into standard care This decision represents a milestone for the care of people with rare diseases. Against this background, those responsible for the TRANSLATE-NAMSE project describe their experiences and expectations here.
Zentrale Projektergebnisse im Überblick
Siehe auch: Ergebnisbericht TRANSLATE-NAMSE