Wir warten nicht bis Montagmorgen.

Bei der Erforschung seltener Krankheiten und der Versorgung der von ihnen betroffenen Patient:innen spielen Universitätskliniken eine wesentliche Rolle. Die Universitätsmedizin Göttingen unterhält mit dem Zentrum für seltene kinderneurologische Erkrankungen Göttingen (GoRare) eines der bundesweit führenden Spezialzentren, die eine multidisziplinäre Betreuung nach neuesten wissenschaftlichen Kenntnissen ermöglicht. Für Kinder mit unklaren neurologischen Symptomen oder neurodegenerativen Erkrankungen, wie z. B. kindliche Demenz, kindliche Multiple Sklerose oder unklare Bewegungsstörungen wie IRF2BPL gehört Göttingen zu den ersten - oder je nachdem wie man es betrachtet - letzten Adressen.

Denn häufig sind es Prof. Dr. Jutta Gärtner und ihr Team, die die Arzt-Odyssee leidgeplagter Familien beenden und endlich eine zutreffende Diagnose stellen. In einigen Fälle ist es sogar möglich, Behandlungsvorschläge zu unterbreiten - sei es durch Medikamente, Gentherapien oder spezielle Diäten. Als Neuropädiaterin und Leiterin der Kinderklinik sind Seltene Erkrankungen für Jutta Gärtner und ihr Team nicht etwa der Ausnahme-, sondern der Regelfall: „Für jemanden, der sich in der Kinder- und Jugendmedizin aufhält, ist es naheliegend, sich mit seltenen Krankheiten zu beschäftigen, denn die Mehrzahl der Erkrankungen in diesem Alter sind selten.“

Etwa acht von zehn Seltenen Erkrankungen gehen auf einen Gendefekt zurück, Symptome treten meist schon in jungen Jahren auf. In der Klinik weiß jeder, was das für die Familien bedeutet: „Da sind Menschen, die sind zu 20 Ärzten gegangen und haben nie erfahren, was mit ihrem Kind los ist“, sagt Prof. Dr. Hendrik Rosewich, Leitender Oberarzt an der Göttinger Kinderklinik. „Ich werde nie das erste Mal vergessen, als ich bei einem Patienten mit einer Seltenen Erkrankung war. Wie schwer dieses Kind krank war und wie allein die Eltern mit der Diagnose waren. Da dachte ich, es ergibt wirklich Sinn, hier Energie reinzustecken und rauszufinden, wie wir dort Lebensqualität verbessern können.“

Jutta Gärtner und ihr Team
Prof. Dr. Hendrik Rosewich

Diesen Ansatz teilen die meisten Mediziner*innen, die an seltenen Krankheiten forschen. Sie wissen aber auch, dass die Therapiesuche ein unendlich kraftzehrender Prozess ist, der nur selten zum gewünschten Ergebnis führt. Jutta Gärtner und ihre Kollegen lassen sich davon aber nicht abschrecken. Sie arbeiten in dem Bewusstsein, oft die einzige Hoffnung zu sein, die den Betroffenen bleibt: „Für ultraseltene Erkrankungen mit weltweit vielleicht 50 Fällen, finden Sie kein Pharma-Unternehmen, das bereit ist, Geld in die Forschung zu investieren.

Jutta Gärtner lehnt am Schreibtischund schaut aufgeschlossen in die Kamera
Prof. Dr. Jutta Gärtner

Die Therapiesuche für diese "Waisen der Medizin" findet ausschließlich an Universitäten statt“, sagt Gärtner. Ein Weg, der immer wieder zu Erfolgsgeschichten führt, ist die Verwendung von Medikamenten, die bereits für andere Krankheiten zugelassen sind. Dieses sogenannte „Drug Repurposing“ kann die Therapiefindung für seltene Krankheiten deutlich beschleunigen: „Dann brauchen Sie nicht mehr die ganzen Sicherheits- und Verträglichkeitsstudien. Die wurden ja schon im Rahmen der Zulassung für eine andere Erkrankung gemacht“, sagt Gärtner. Diese Doppelnutzbarkeit funktioniere aber auch in die andere Richtung: „Die Forschung an seltenen Krankheiten ist nicht isoliert. Es gibt viele Verbindungen zu Volkskrankheiten."

Wenn man zum Beispiel eine seltene Demenzerkrankung bei Kindern und Jugendlichen gut verstehe und daraus Therapien entwickele, dann könnten diese Therapien später möglicherweise auch erwachsenen Patienten helfen, erläutert die Neuropädiaterin. 

Ihr Kollege Hendrik Rosewich teilt diese Einschätzung, warnt aber ohnehin davor, häufige und seltene Krankheiten gegeneinander auszuspielen: „Ich bin froh, dass es Menschen gibt, die sich um die großen Volkskrankheiten kümmern. Aber die Summe der Seltenen Erkrankungen - mehrere Millionen allein in Deutschland - sind eine Volkskrankheit! Diese Menschen brauchen uns, und sie brauchen uns dringend. Sich um Seltene Erkrankungen zu kümmern, ist, jede für sich genommen, ein Lebensengagement wert.“

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Wie ein Sechser im Lotto - Rettung jenseits aller Wahrscheinlichkeiten

Als sich ihr Sohn Sebastian im Frühjahr 2006 binnen weniger Wochen von einem munteren Dreijährigen zu einem krampfgeplagten, apathischen Bündel Mensch wandelt, ahnen die Bopps noch nicht, dass der Junge der weltweit erste bekannte Fall ist, bei dem ein genetischer Defekt verhindert, dass das Gehirn mit dem lebenswichtigen Vitamin B9 (auch bekannt als Folat) versorgt wird. Während für Sebastian eine Odyssee durch Spezialkliniken beginnt, entwickelt seine zwei Jahre jüngere Schwester bald ähnliche Symptome. Auch sie leidet unter cerebraler Folattransportdefizienz (CFTD), wie die frisch entdeckte Erkrankung im Jahr 2009 getauft werden wird.

CFTD ist eine von etwa 8000 Seltenen Krankheiten. Darunter fallen in der EU all jene Erkrankungen, die maximal fünf von 10.000 Personen betreffen. Die große Mehrzahl dieser Krankheiten ist genetisch bedingt – Heilung oder zumindest einen Therapieansatz gibt es nur für die allerwenigsten. Und wenn, dann gehen dem zumeist Jahrzehnte der Forschung voraus. Statistisch gesehen haben Sebastian und seine Schwester kaum Chancen zu überleben.

Aber die Bopps geben nicht viel auf Statistiken. Sie kämpfen um das Leben ihrer Kinder, mit dem Mut der Verzweiflung. Zusammen mit dem Mediziner, der bei Sebastian CFTD diagnostiziert hat, tüftelt die promovierte Chemikerin Gabriela Bopp an einem Weg, das Folat in das Gehirn ihrer Kinder zu transportieren. Zuerst oral, dann intravenös und schließlich über ein Depot direkt unter der Schädeldecke. „Das war eine Therapie weit jenseits dessen, was zu dieser Zeit bekannt war“, sagt ihr Mann Robert. „Wir haben das probiert in dem Bewusstsein, dass, selbst wenn wir Sebastian vielleicht nicht retten können, wir wenigstens unserer Tochter helfen.“

Familie Bopp
Familie Bopp
Jutta Gärtner lehnt am Schreibtischund schaut aufgeschlossen in die Kamera
Prof. Dr. Jutta Gärtner

Ein Weg, der immer wieder zu Erfolgsgeschichten führt, ist die Verwendung von Medikamenten, die bereits für andere Krankheiten zugelassen sind. Dieses sogenannte „Drug Repurposing“ kann die Therapiefindung für seltene Krankheiten deutlich beschleunigen: „Dann brauchen Sie nicht mehr die ganzen Sicherheits- und Verträglichkeitsstudien. Die wurden ja schon im Rahmen der Zulassung für eine andere Erkrankung gemacht“, sagt Gärtner. 

Diese Doppelnutzbarkeit funktioniere aber auch in die andere Richtung: „Die Forschung an seltenen Krankheiten ist nicht isoliert. Es gibt viele Verbindungen zu Volkskrankheiten."

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